31.03.2007

#5 (trauer)

(für b.d.)

eben noch hatte er gefragt, wie es ihm ginge, und keine antwort erhalten. sie hatte nur gesagt: kommt herein.

1:24:40
/sie laufen durch den kleinen hof, sie laufen rechts rum. sie kommen aus einem beleuchteten raum und laufen auf den gegenüberliegenden raum zu. der hof ist dunkel. eine laterne aus stein erzeugt einen kleinen von zwei feinen balken gekreuzten hellen rechteck, doch sie spendet kein licht. die rechte seite der laterne mit ihrem verzierten dach sowie die zweige einiger pflanzen zeichnen sich als schwarze profile vor den wänden des dahinter liegenden erleuchteten raums. sie laufen rechts rum durch den kleinen dunklen hof, die gastgeberin voran, dann der schwiegersohn, dann die ledige tochter. die gastgeberin verschwindet im erleuchteten raum. der schwiegersohn und nach ihm die ledige tochter halten vor der schwelle des raums an: er steht vor der schwelle, sie kommt zu ihm, zu seiner rechten seite, setzt einen letzten schritt und bleibt mit einem leicht angewinkelten linken bein stehen: zwei schwarze profile, gestalten, die mit ausnahme des linken fußes der tochter von keinem licht getroffen werden. sie machen vor der schwelle kurz pause, dann schreiten sie beide mit dem rechten fuß in den raum, nicht ganz synchron, denn sie ist in ihrer bewegung leicht verspätet, denn sie hat sich auf ihn gerichtet, um den schritt zu setzen. zwei dunkle figuren, zwei schwarze figuren, die nun auf ihrem linken kontur von den lichtquellen des raums erleuchtet werden – die beine der tochter unter anderem: der teil ihrer beine, der unter ihrem das knie nicht ganz bedeckenden rock zu sehen ist. sie schreiten in den raum, sie machen synchron einen zweiten schritt, einen dritten, mit dem sie ihre beine wieder zusammenbringen. von ihr kann man nichts anderes sagen als: sie setzt ihre schritte – ein setzen des rechten fußes, des linken, der wie aus ehrfurcht oder vorsicht die zehen leicht erhebt, bevor er den boden erreicht, und wieder des rechten fußes, bei dem dieses heben der zehen durch den blickwinkel verborgen bleibt. dann beugt sich der schwiegersohn leicht nach vorne, greift dabei über den knien an seine hose. er geht in die hocke: sie gehen in die hocke, eine fast synchrone bewegung, wieder ist sie leicht später als er, kaum merkbar. er beugt sich in der bewegung nach unten mit dem oberkörper leicht nach vorne, sie bleibt beim niedersinken sehr gerade. sie gehen in die hocke, sinken weiter, und nachdem ihre knie den boden erreicht haben, beugen sich beide leicht nach vorne, bevor sie sich auf ihre füße setzen und den oberkörper wieder gerade richten können. und bevor sie ganz auf dem boden angekommen sind, kurz vor dem ende der bewegung/
1:24:57
/im vordergrund am unteren rand des bildes eine schwarz blau hellrosa bemusterte decke. wir sind im beleuchteten raum jenseits des hofs, sehen die tochter und den schwiegersohn von vorne, wie sie vor dieser decke knien, wie ihre oberkörper sich senken, bis sie ganz auf dem boden angekommen sind, bis die in der vorherigen einstellung von dunklen gestalten begonnene und nicht ganz bis zum ende, bis zum stillstand durchgeführte bewegung nun im licht mit diesem leichten sinken mit gleichzeitigem aufrichten des oberkörpers zu ihrem endpunkt gebracht wird. ihre blicke bleiben dabei einem punkt im rechten hors champ zugewendet, verlassen diesen punkt während der gesamten bewegung nicht. er kniet rechts, trägt hemd, krawate und anzug. sie kniet links, trägt ein schwarzes kleid mit weißem kragen. beide halten ihre hände auf den beinen. sie hält ihre rechte hand, vielleicht wegen der weißen handtasche, die sie um den rechten arm hält, leicht höher als die linke hand. sie blicken aus unterschiedlicher höhe (im knien ist er einen halben kopf größer als sie) nach rechts unten/
1:25:01
/nahaufnahme. er (der vater, wir wissen es) liegt auf einer weißen matratze, den körper unter einer schwarz blau hellrosa weiß bemusterten decke, das gesicht unter einem weißen taschentuch verborgen. zu sehen bleibt sein kinn und den schwarz weißen kragen eines kimonos. rechts im vordergrund steht eine blaue schale mit rauchenden weihrauchstäbchen auf einem braunen teller. links davon sind sorgfältig aufgereiht: ein weißes tuch mit blauem muster, darauf eine taschenuhr, dahinter einen zusammengefalteten fächer und noch dahinter ein portemonnaie, das auf dem, was ein heftchen oder eine brieftasche sein könnte, liegt/
1:25:04
/im vordergrund die schwarz blau hellrosa weiß bemusterte decke, aus der in der rechten seite des bilds zwei füße hervorschauen. dahinter kniet die gastgeberin, die frau, die den schwiegersohn und die tochter in den raum geführt hatte. langsam, in breiten bewegungen wedelt sie mit einem fächer von links nach rechts, von rechts nach links. es ist die art von fächer, die nicht zusammengefaltet werden können und aus einer mit papier (oder anderem material?) bespannten ovalen form, die an einem stiel angebracht ist, bestehen. sie sagt: es ist so plötzlich gewesen. um 8:23…

später fragt er sie, ob er etwas gesagt hätte, worauf sie ihm antwortet, er habe zweimal gesagt: das ende… schon das ende.


kohayagawa-ke no aki (der herbst der familie kohayagawa) (dernier caprice) (the end of summer), japan 1961 (yasujirô ozu)

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